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C. G. Knabe, Conterganopfertreffen in Nürtingen

hier hat Henning das alleinige Schreibrecht..und ist auch Moderator mit Vollen rechten in dieser Rubrik
Es dient dazu das seine Links in der Schoutbox nicht verloren gehen..

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Daniel

C. G. Knabe, Conterganopfertreffen in Nürtingen

#1

Beitrag von Daniel » Dienstag 20. September 2011, 08:06

Lieber Henning!

Das veröffentlichen des folgenden Textes ist unter Nennung des Autors kostenlos.

Christian G. Knabe, Bild und Text

Georg-Kerschensteiner-Str. 17, 81829 München, Tel.: 089/569967, mobil: 0163/2975502

E-Mail: chgknabe@t-online.de, http://www.fotoreport-web.com





Bericht zur kostenlosen Veröffentlichung:





Conterganopfertreffen in Nürtingen /Baden-Württemberg am 17. September 2011: Schicksal
trifft auf Schicksal – Dr. Harald Mückter, Toxikologe und Sohn des „Conterganerfinders“
Heinrich Mückter redet vor den Betroffenen.



Es war mucksmäuschenstill, als Dr. Harald Mückter hinter das Rednerpult trat, um vor etwa
200 Conterganopfern zu sprechen. Er wirkte ruhig und gelassen, ein Profiredner. Dennoch war
ein leises Zittern in der Stimme zu hören. Vor ihm saßen in der Nürtinger Stadthalle etwa
200 Opfer des Schlafmittels Contergan, das sein Vater als damaliger Laborleiter der
Grünenthal GmbH mitentwickelt hatte.



Er erzählte, wie es 2007 war, als ganz Deutschland den erschütternden Fernsehzweiteiler
„Contergan“ (Deutscher Filmpreis) sah. Man hatte damals auch mit ihm ein Interview
gemacht, denn der Film sollte nicht unkommentiert gezeigt werden. Damals, so erzählte,
haben ihm viele Betroffene geschrieben und sich für seine Aussagen bedankt. Einige haben
aber geschimpft, was ihn sehr verletzt habe.



Rückblick: am 27. November 1961, also vor bald 50 Jahren erfuhr die Welt, dass das berühmte
und gern genommene Schlafmittel Contergan zu schweren Missbildungen geführt hat.
Wahrscheinlich wurden weltweit 25000 Kinder verkrüppelt geboren. Wie viele es genau waren,
weiß man bis heute nicht. Es war die größte Arzneimitteltragödie in der Geschichte der Welt.
Es kam Ende der 60`iger Jahre zu einem Prozess gegen den Hersteller, die Firma Grünenthal.
Er endete mit einem Vergleich.



Dr. Heinrich Mückter, der Vater von Harald Mückter war Leiter der Forschungsabteilung der Firma.
Worüber man auch beim Prozess nicht redete: er wurde nach dem II. Weltkrieg von Polen als
Kriegsverbrecher gesucht. Ihm wurde vorgeworfen, bis zu 250 KZ-Häftlinge durch medizinische
Versuche getötet zu haben.



Harald Mückter musste als Kind miterleben, wie sein Vater im „Conterganprozess“ als Verbrecher
angeklagt wurde. Es tat ihm weh. Sein Vater habe ihm ganz wenig erzählt. Christian Mückter
erzählte, dass er in den letzten Jahren viele Conterganopfer getroffen habe, und dass ihn das
sehr berührt habe.



Es interessiere ihn, so Harald Mückter weiter, mehr über die Geschichte der Contergantragödie
herauszufinden. Wenn sein Vater damals etwas Unrechtes getan habe, so wolle er das als sein
Sohn wissen. Er wolle deshalb bei der Aufklärung aktiv mithelfen.



„Wir sind auch nach der Einführung des Arzneimittelgesetzes 1976 nicht vor Arzneimittelkatastrophen
gefeit“, so der Toxikologe Harald Mückter am Ende des Vortrages, in dem er auch erklärte, warum
man damals glaubte, dass Contergan harmlos sei. Es gab bei allen Versuchen kaum eine Giftwirkung.
Bei Hunden habe man damals die giftige Dosis bei 6 Gramm pro Kilo Körpergewicht festgelegt.



Neben Harald Mückter wirkte die Rede von Karin Altpeter (SPD), der Arbeits- und Sozialministerin
Baden-Württembergs blass und hilflos. Sie zog sich auf allgemeine Aussagen zurück. Statt auf die
Nöte der Betroffenen, die heute alle um die 50 sind einzugehen, redete sie über „Inklusion“
Behinderter in die Gemeinschaft. Allerdings wolle sie sich mit dem Conterganetzwerk, dem
Veranstalter des Treffens zusammensetzen, um über ein medizinisches Kompetenzzentrum für
die Betroffen zu sprechen.



Die Conterganopfer – in Deutschland leben etwa 2300, spüren immer mehr die Folgen ihrer
Behinderung. Im privaten Gespräch am Rande erzählten sie sich von ihren gesundheitlichen
Problemen. So bekommt eine früher aktive Sportlerin heute Morphium gegen die Rückenschmerzen.
Die Belastungen im Alltag haben ihre Wirbelsäule verschlissen. Sie hat Angst vor einer Operation
und – Angst vor der totalen Hilflosigkeit.



Wenn sich am 27. November die Rücknahme von Contergan vom Markt zum 50. Mal jährt, wird man
hoffentlich wieder über die größte Arzneimittelkatastrophe der Welt reden. Man wird fragen, was
man seit Herbst 2007, als die vergessene oder verdrängte Tragödie in Deutschland wieder ins
politische Bewusstsein trat, getan hat, um zu helfen.



Gewiss, man hat 2008 die Conterganrente verdoppelt, aber die reicht bei weitem nicht, damit die
Conterganopfer nicht noch Opfer der Folgenschäden werden. Das konnte man auf der Veranstaltung
direkt sehen und im privaten Gespräch spüren. Man muss darüber reden, dass sich die Bundesrepublik
Deutschland dereinst verpflichtet hat, hier zu helfen und dass sie den Betroffenen Menschen ein
würdiges Leben ermöglichen wollte.



Aber, kaum war 1974 die Conterganstiftung gegründet, schon war auch das Interesse verschwunden.
Die medizinische Betreuung wurde eingestellt. Als die Betroffenen volljährig wurden, unterließ man es,
sie finanziell vom Staat unabhängig zu machen. Man verwies sie auf die Sozialhilfe. So leben heute viele
allein oder ihre Partner müssen ihr Einkommen regelmäßig dem Jobcenter melden, damit es mit Hartz4
verrechnet werden kann. Da ist also noch viel für den Staat zu erledigen.




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