- weil ja bereits die Kölner Veranstaltung und Udo Herterich bereits in die Debatte gebracht wurde -„Helau“. Meine Meinung dazu ist, dass dies alles recht harmlos und zu zahm ist. Hornkonzerte, Kunsthappenings, Lesungen und ein unverbindliches „Brainstorming“ über Schuld und Vergebung. Es war gut 60 Jahre kostbarer Lebenszeit die Gelegenheit, diese Kernfrage von Schuld zu klären - wenn man schon in diesen Kategorien denkt. Vergebung klingt für mich schon arg theologisch. Ähnliches gilt übrigens für einen Dialog mit Grünenthal - dieser hat bis heute nicht adäquat stattgefunden. Ein „virtueller Gedenkraum“ reicht mir dafür nicht und politisch wohlfeile Lippenbekenntnisse auch nicht. Sorry, damit lasse ich mich nicht abspeisen. Mir persönlich wäre lieber, man hätte ganz sachlich und nüchtern die Frage von Ursache und Wirkung weiter verfolgt. Das ist auch der Auftrag an unsere Interessenvertreter und sie kommen diesem Auftrag allesamt nicht ausreichend nach. Ich hätte es zielführender gefunden, im Zusammenhang mit Contergan über Verantwortung und Vertrauen zu reden. Beispielsweise, dass man sich seiner Verantwortung gegenüber allen Opfern umfassend und ohne Ausflüchte stellt - ohne scheinheilig zwischen Ursprungs- und Folgeschäden zu differenzieren und ohne auf eine teure Studie zu bestehen, die vermeintlich etwas wissenschaftlich belegen soll, was politisch gar nicht wirklich belegt werden darf. Hätte man an vermeintlichen Gefäss- und Nervenschäden durch Thalidomid ein tatsächliches Interesse, um den Opfern medizinisch zu helfen, wäre dieses Thema früher und schneller verfolgt worden. Wenn sich Grünenthal tatsächlich einer moralischen Verantwortung im hier und heute stellen wollte, hätte ja ganz pragmatisch die Möglichkeit bestanden, den sich vorschnell abschmelzenden Topf der Sonderzahlung so aufzustocken, dass für die Betroffenen eine langfristige jährliche Auszahlung aus diesem aufgefüllten Topf garantiert worden wäre - ganz zwanglos. Zumindest aber hätte Grünenthal die jetzt anstehende „Restausschüttung“ so aufstocken können, dass jedem Betroffenen ermöglicht worden wäre damit seine Altersvorsorge zu optimieren. Echte Übernahme von Verantwortung und tatsächlich Auseinandersetzung mit Contergan hätte auch bedeuten können, dass das Thema Angehörigenversorgung schnell und pragmatisch so geregelt wird, dass uns Betroffenen eine weitere Sorge im Alter genommen und eine gewisse Entschädigung über den Tod hinaus geschaffen wird. Die „Zukunft der Contergstiftung“ soll besprochen werden? Diese Beratungsleistung a la Apothekenrundschau und diese Dauerberieselung über die Hobbys der Mitarbeiterinnen des Monats hat für mich keine Zukunft und was diese Stiftung ansonsten in der Vergangenheit insbesondere gegen die Interessen ihrer geschädigten Schützlinge unternommen hat, lässt mich für die Zukunft wenig hoffen. Alles dies von mir hier kritisch angesprochene hat über Jahrzehnte unter aller Augen öffentlich stattgefunden. Die Conterganrente wurde erst 2013 wirksam so angepasst, dass sich unsere Lebenssituationen verbesserten. Es hätte längst vorher von allen Seiten etwas getan werden können, um etwas zum Positiven zu ändern. Man hat es nicht gewollt und will es heute noch viel weniger. Allein die sogenannten Stiftungsratssitzungen und das Miteinander der dort beteiligten Protagonisten zeigten überdeutlich, was man eigentlich von den Contergangeschädigten hält und welchen Respekt man ihnen bereit ist, zu zollen. Ich fand und finde das zutiefst beschämend und würdelos. Ebenso das Verhalten, wie man mit den Brasilianischen Geschädigten (und anderen) vor gar nicht langer Zeit umgesprungen ist. Die jetzt geplanten Jubiläumsfeiern (es sind Feiern und Selbstinszenierungen auch wenn das nicht per Etikett dran steht. Es reicht den Beipackzettel zu lesen) werden faktisch für unsere Leben nichts verändern.
Noch einmal zusammgefasst und ohne Emotion: Mir ist das alles zuviel Kulturprogramm und zu smart, zu beliebig und zu theoretisch. Fakten, Forderungen und verbindliche Beschlüsse - und deutliche, öffentliche Gespräche mit denen, die bisher und künftig Verantwortung für uns tragen sind das, was ich als Geschädigter erwarte. Leider ist vielen - auch in unseren Reihen - easypeasy und harmonisches Trallala lieber.
